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Projekt, 06.12.2021

Im Gespräch – Die Wegbereiterin

Von 1997 bis 2009 war Erika Kaufmann die Geschäftsleiterin von sahara. In dieser Zeit hat sie sahara entscheidend geprägt und die Projekterweiterungen vorangetrieben. Seit 2017 ist sie wieder dabei: Als umsetzungsstarke Beraterin engagiert sie sich im Teilzeitpensum für die Ausbildung der Teilnehmerinnen, schreibt passgenaue Konzepte, gibt Verkaufsschulungen und unterstützt die Läden im Marketing.

Erika, du hast einmal gesagt: «sahara ist mein viertes Kind». Als du gestartet bist, da ging es deinem Kind nicht so rosig?
Ja, das darf man so formulieren. Ich bin im September 1997 zu sahara gekommen, dazumal war das Ladenlokal noch im Schmiedenhof. Die Umsätze waren miserabel, wir hatten keine Kleider für die bevorstehende Wintersaison, auf dem Bankkonto war gerade noch das Geld für die nächste Monatsmiete. Und dann haben wir, drei Teilnehmende und ich, die Ärmel hochgekrempelt: Wir haben den Laden umgeräumt, das Schaufenster dekoriert und eine erfolgreiche Sammelaktion für Winterkleider gestartet. Die Kleider haben wir gewaschen, genäht und geglättet; mit jeder Kleiderspende wollten wir Umsatz generieren.

Und das habt ihr geschafft?
Sehr zu meiner Freude, ja. Ich erinnere mich noch gut an eine Szene – eine Teilnehmerin wollte eine nicht mehr ganz intakte Bluse ausrangieren. Doch ich war überzeugt, wir können diese Bluse noch verkaufen. Am nächsten Tag hat eine Kundin die Bluse für zwei Franken gekauft; über ihren Kauf hat sie sich sehr gefreut.

Und so sind wir es dann angegangen: Mit ganz wenigen Mitteln haben wir etwas erschaffen und sahara ist ganz organisch gewachsen.

Du warst erfolgreiche freischaffende Künstlerin und Kunsthandwerkerin. Für sahara hast du deinen Beruf an den Nagel gehängt. Was hat dich dazu bewogen?
Das Entwicklungspotenzial von sahara und auch mein persönliches Lernpotenzial haben mich enorm gereizt. Als gelernte Verkäuferin und mit meiner späteren Weiterbildung zur Eidgenössisch diplomierten Detailhandelsspezialistin konnte ich sehr vieles einbringen. Wie gestalte ich so einen Laden, einen Betrieb, eine Institution? Ich bin eine Macherin und bringe gerne Dinge ins Rollen und entwickle sie weiter. Und als Kunstschaffende konnte ich natürlich auch meine kreative Seite voll ausleben. Und bei sahara ist alles kreativ: Der Umgang mit Menschen und Materialien, mit neuen und gebrauchten Gegenständen, die Gestaltung des Ladens, das ganze Marketing und die Kommunikation. Und besonders wichtig war und ist mir unser Engagement für Nachhaltigkeit und fairen Handel.

Seit 45 Jahren gibt es den fairen Handel in der Schweiz. Welchen Beitrag konnte sahara dazu leisten?
Ich denke, wir dürfen voller Stolz sagen, dass sahara eine Pionierin für fair trade und Nachhaltigkeit war. Von Anfang an hatten wir nebst der Secondhandbekleidung ein Sortiment an Produkten aus fairem Handel; daraus haben sich dann über die Jahre der FAIRTRADE und der GREENSHOP entwickelt. Wir haben informiert und Aufklärungsarbeit gemacht: Warum es sinnvoll ist, zumindest EIN Produkt, zum Beispiel Tee oder Reis, regelmässig aus dem Fairen Handel zu beziehen. Wir ernähren uns ja nicht nur davon, wenn wir ein einziges Mal ein biologisches und fair gehandeltes Produkt kaufen. Die Regelmässigkeit macht den Unterschied für die Produzenten und Produzentinnen und das ist nachhaltig.

Wir haben kleine und stetige Schritte in die richtige Richtung gemacht und haben damit einen Weg bereitet. Bewusster Konsum ist vielen Menschen – gerade während der Pandemie – wichtig geworden: lieber weniger konsumieren, dafür dann lokale, saisonale und fair gehandelte Produkte. Und da ziehen heute ja selbst die Discounter nach… (lacht).

Du begeisterst dich nicht nur für Fairtrade, Nachhaltigkeit und den Detailhandel, sondern auch für die Arbeitsintegration. Was vermittelt ihr bei sahara den Teilnehmerinnen und Lernenden?
Die agogische Arbeit direkt mit den Frauen hat mich immer fasziniert. Auch die erste Lehrstelle im 1999 war ein Abenteuer und damit setzte ich den Grundstein für den Ausbildungsbetrieb sahara. Uns ist es wichtig, dass die Frauen eigene Verantwortungsbereiche übernehmen. So haben sie ihren Raum, selbst zu entscheiden und zu wirken. Sie warten nicht erst, bis ihnen jemand einen Auftrag erteilt. Bei sahara können die Frauen ihre Ressourcen und ihr Potenzial wirklich einbringen. Das stärkt ihre Selbstwirksamkeit und es ist die wichtige Vorbereitung für den ersten Arbeitsmarkt.

Gleichzeitig ermutigen wir sie in unseren Programmen, sich einen Arbeitsbereich zu suchen, der ihnen Sinn stiftet und für den ihr Herz schlägt. So konnten wir in den letzten 25 Jahren viele Teilnehmerinnen und Lernende auf ihrem individuellen Weg in den Arbeitsmarkt begleiten und befähigen. Und dafür bin ich sehr dankbar.

Liebe Erika, vielen Dank für das Gespräch und für dein jahrelanges Engagement für sahara. Wir freuen uns auf weitere Abenteuer mit dir.

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